KAB Diözesanvorsitzender Hannes Kreller beim Diözesantag am Rednerpult. Foto: KAB
Das oberste Organ des KAB Diözesanverbandes setzte sich mit den Missständen im Sektor der Pflege- und Fürsorgearbeit (englisch „Care“) auseinander. Der neu gewählte Diözesanvorstand will sich für politische Änderungen stark machen.
Die derzeit katastrophale Situation in den Sorge- und Pflegeberufen in Deutschland ist nicht durch die Corona-Pandemie, sondern politisch verursacht – und nur politische Anstrengungen können eine Wende bringen. Dies ist das Fazit des Diözesantags der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, der am 30.10.2021 im Salesianum in München stattfand. Rund 90 Delegierte aus den Orts- und Kreisverbänden der KAB diskutierten mit Expertinnen aus Wissenschaft und Pflege, wie die politische Umkehr oder „CAREtwende“ gelingen kann. Prof. Dr. Barbara Thiessen von der Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW) Landshut und Ingrid Greif, Krankenpflegerin und Mitglied im Gesamtbetriebsrat der München Klinik, standen auf dem Podium Rede und Antwort. Im Anschluss wählten die Delegierten nach vier Jahren turnusmäßig einen neuen Diözesanvorstand. Gewählt wurden Hanne Möller und Hannes Kreller. Diakon Michael Wagner bleibt Diözesanpräses.
„Als politischer Verband werden wir beim Thema Care-Arbeit am Ball bleiben und uns für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen“, so Hanne Möller, neue KAB Diözesanvorsitzende. „Wir starten mit einer motivierten Vorstandschaft, werden von München aus Initiativen anstoßen und unser Netzwerk in die Politik und zu weiteren Verbänden nutzen. Dass Pflege- und Sorgearbeit einen so schlechten gesellschaftlichen Stand hat, hängt stark mit geschlechtshierarchischen Denkweisen zusammen. Die angeblich ‚weiblichen‘ Sorgeberufe werden marginalisiert und schlechter bezahlt. Auch hier gilt es anzusetzen.“
„Das ist eine Illusion“, bekam ein Diskutant aus dem Publikum von Ingrid Greif zu hören. Er hatte angemerkt, Deutschland habe ein vergleichsweise gutes Gesundheitssystem. „Es ist marode“, so Greif weiter. Seit den 90er Jahren habe die Politik Ausbildungs- und Pflegestellen abgebaut. Inzwischen zögen sich immer mehr Berufstätige aus den Pflegeberufen zurück, sie hielten ihren Arbeitsalltag schlicht nicht mehr aus. Das Finanzierungssystem sei infam, es begünstige Kaiserschnitte, Amputationen und operative Eingriffe. Und es stürben unheimlich viele Menschen an Krankenhauskeimen. „Wir laufen auf eine Katastrophe zu“, so Greif auch im Hinblick auf die Corona-Ampel. Diese sei hoch gefährlich, weil sie nur die offiziellen Bettenzahlen abbilde.
Diesem eindringlichen Bericht aus der Praxis hatte die Professorin Dr. Barbara Thießen einige wissenschaftliche Erkenntnisse vorausgeschickt. Die Pflegenden müssten täglich gegen ihre moralischen Überzeugungen handeln, was sie letztlich zur Aufgabe ihres Berufs bringe. „Einfach zu sagen, sie müssen mehr verdienen, reicht nicht. Es muss eine systematische Arbeitsbewertung und Tarifierung geben. Fachlichkeit wird unterschätzt und trivialisiert“. Das Image der SAHGE-Tätigkeiten – die Abkürzung steht für Soziale Arbeit, haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheits- und Erziehungsberufe – müsse dringend aufgewertet werden. „Sie sind kein Kostenfaktor, sondern Voraussetzung für produktives Wirtschaften.“ Care dürfe nicht renditeorientiert bewirtschaftet werden. „Der Staat muss die Daseinsvorsorge mit ausreichend öffentlichen Mitteln sichern.“
Dr. Evelyne Menges, Diözesanvorsitzende seit 2017, stellte sich wegen beruflicher und weiterer ehrenamtlicher Verpflichtungen nicht mehr zur Wahl. In einer emotionalen Rede betonte sie ihre Verbundenheit zur KAB und verabschiedete sich von Delegierten und dem Vorstandskollegium. Als Nachfolgerin schlug sie ihre bisherige Stellvertreterin Hanne Möller vor, die mit nur einer Gegenstimme gewählt wurde. Hanne Möller war zuvor bereits von 2009 bis 2017 Diözesanvorsitzende. Hannes Kreller, Diözesanvorsitzender seit 2017, wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt. Ebenso Diakon Michael Wagner, seit 2017 Diözesanpräses der KAB. Stellvertretende Diözesanvorsitzende sind nun Johanna Astner, gleichzeitig Vorsitzende der KAB Ortsgruppe Flintsbach, sowie Gerhard Endres, langjähriger Co-Vorsitzender des KAB Bildungswerks. Als Beisitzer*innen sind Irene Hofmann, Ursula Jürgensonn, Rudi Pfitzmann, Johann Portenhauser und Egon Radke im neuen KAB Diözesanvorstand vertreten.
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Der neu gewählte Diözesanvorstand mit Revosorinnen und Geschäftsführung. Von links nach rechts: Johanna Astner, stellv. Diözesanvorsitzende; Irene Hofmann, Beisitzerin; Edith Kaindl, Revisorin; Egon Radke, Beisitzer; Ursula Jürgensonn, Beisitzerin; Hanne Möller, Diözesanvorsitzende; Michael Wagner, Diözesanpräses; Hannes Kreller, Diözesanvorsitzender; Rudi Pfitzmann, Beisitzer; Monika Kappl, Revisorin; Gerhard Endres, stellv. Diözesanvorsitzender; Sibylle Schuster, Geschäftsführerin.
Der KAB Diözesantag begann mit einem Gottesdienst in der St.-Wolfgang-Kirche.
KAB Diözesanpräses Michael Wagner bei seiner Predigt.
Podiumsdiskussion zur "CAREtwende". Von links nach rechts: Prof. Dr. Barbara Thiessen; Gerhard Endres, stellv. Diözesanvorsitzender; Ingrid Greif, Krankenpflegerin und Gesamtbetriebsrätin München Klinik.
KAB Geschäftsführerin Sibylle Schuster. Sie moderierte die Podiumsdiskussion.
Die scheidende Diözesanvorsitzende Dr. Evelyne Menges wurde von KAB Diözesanpräses Michael Wagner und Diözesanvorsitzendem Hannes Kreller geehrt.
Musikalisches Intermezzo, von rechts: Joseph Zapf, Heini Zapf und Monika Schmitt.
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