Nachrichten 
07.04.2020

Corona-Krise als persönliche und gesellschaftliche Chance

Covid-19 ist ein Wendepunkt, so KAB-Diözesanpräses Michael Wagner. Es liegt an jedem Menschen, die wunden Punkte, die der Virus aufzeigt, als Chance einer Heilung zu nutzen. Für eine solidarischere und entschleunigte Gesellschaft.

Liebe Leser*innen,

noch vor wenigen Monaten hätte niemand von uns zu denken gewagt, dass wenig später eine Pandemie die gesamte Welt in eine bisher unbekannte Krise zieht. Covid-19 verbindet Antipoden. Wir müssen Abstand halten, um zusammenzurücken. Wir müssen immer schnellere Informationen verarbeiten, um das Wachstum von Corona zu verlangsamen. Wir müssen auf uns achten, damit der Andere geschützt wird.

Die Corona-Krise ist kein Endpunkt, sondern ein Wendepunkt

Wir befinden uns mittendrin in einer Krise. Und während ich die Worte an Sie schreibe, weiß ich nicht, wie die Lage aussieht, wenn Sie diese Zeilen lesen. Wie die Krise sich entwickelt, das vermag niemand vorherzusagen. Experte ist derjenige, der weiß, dass er es nicht weiß. Doch eines ist sicher: Die Krise ist beeinflussbar durch jeden einzelnen Menschen. Ob die Krise in einem Drama endet oder ob sich neue ungeahnte Szenarien eröffnen, liegt wesentlich an uns. Eine Krise ist nie Endpunkt. Nein, Covid-19 ist ein Wendepunkt.

Im Coronafieber liegt die Chance, die Überhitzung der Gegenwart zu drosseln

Corona geht mit Fieber einher. Fieber selbst hat immer primär eine heilende Funktion. Ein Erreger soll abgetötet werden. Ein solcher Erreger, der die Menschen alltäglich im Griff hat, ist die Überhitzung. Sie zeigt sich in dem Tempo, in dem die Wirtschaft, der Alltag, der Mensch im Stressmodus nur noch vorwärtsstürmen. Verfügbar sein rund um die Uhr. Reaktion muss sofort erfolgen. Stress offenbart sich als Methode. Wer Stress generiert, dem gelingt es, Menschen zusammenzuhalten, das Auseinanderdriften der gespaltenen Gesellschaft zu verhindern. Diese mentale und physische Überhitzung abzukühlen, den Dampf aus dem Kessel zu nehmen, das Tempo zu drosseln, darin liegt eine Heilungschance.

In Covid-19 verbirgt sich die Chance, Freiheit neu zu atmen

Covid-19 geht mit einem Infekt der Atemwege einher. „Ich huste dir was“, weiß der Volksmund das Krankheitsbild zu interpretieren. Unterm Strich zähle ich, die Freiheit nehme ich mir. Den Anderen verliere ich aus den Blick. Die Galeere der Habsucht, die Gier, meinen Egoismus durchzusetzen, macht mich nicht frei. Frei ist, wer bei Freunden ist. Freiheit ist vornehm, will geben, zeigt sich solidarisch. Die Freiheit wieder in ihre wahre Souveränität zu führen, darin liegt eine Heilungschance.

Wieder etwas mit sich selber anfangen können

Wer einem anderen ein Freund sein will, muss sich zu allererst selber Freund sein. Der Mensch muss es mit sich selber aushalten, um andere aushalten zu können. Die Leere der Straßen scheinen mir ein Nichts zu sein, im Verhältnis zu der wüsten, öden Leere, die sich mir derzeit allerorten offenbart. Seelen sind leer, der Sinn abhandengekommen. Viele wissen nichts mehr mit sich selber anzufangen. Diese psychologische Pandemie grassiert schon lange.

Anfangen, ruhigen Mutes Neues zu wagen

Wenn das Herz der Menschen voll ist mit medialem Müll und materiellem Gerümpel, bleibt da kein Platz. Nur wenn ich lerne, langweilige Leere auszuhalten, füllt sich mein Herz von selber, findet es den Sinn seines Lebens. Es ist die Ruhe selbst, in der GOTT mich ruft. Dort lässt ER sich finden. Es ist die Leere, in der ER den Menschen füllt. Der Stille lauschen, ohne Bild sehen, das ist der Anfang: Anfang von Sinn, Anfang von Liebe, Anfang von Gebet. Stillen Ohres sehen, geschlossenen Auges horchen, da gebiert sich Mut. Mut, das Krankmachende zu lassen. Mut, das Heilmachende zu wagen. Die Kraft aufbringen, ruhigen Mutes, mit mir, dem Mitmenschen und der Schöpfung wieder in Einklang zu leben. Dann wirkt Covid-19 heilsam.

Innerlich neu Aufstehen, dann wird es neu Ostern

Vielleicht feiern wir dieses Jahr ein Ostern ohne die großen äußeren Zeichen der Liturgien. Aber seien Sie gewiss: ER ist da! In Ihren Herzen will ER sich still dynamisch niederlassen, um aus Ihrer Mitte heraus neu aufzuerstehen. Von Herzen wünsche ich Ihnen die Kraft, still hoffend zu harren auf IHN. ER segne Ihr Ruhen, Ihr Harren sowie Ihre Arbeit, Ihre Mühen und Ihr Alleinsein, Ihr miteinander Verbundensein! ER segne Sie!

Ihr
Diakon Michael Wagner,
Diözesanpräses der KAB München und Freising e.V.



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