Foto: Christian Ude bei der „Langen Nacht der Demokratie“ 2022.
Das KAB-Bildungswerk ist Träger des innovativen Projekts „Extremismus im Alltag begegnen“ an Berufsschulen. Der frühere Münchner OB Christian Ude war bei einem Workshop anwesend, beantwortete Fragen und gab ein Interview. „Ich kämpfe um die Seele jedes AfD-Wählers“, sagt er.
Das KAB-Bildungswerk München und Freising ist Träger des innovativen Projekts der KEB München und Freising, die dieses Projekt auch finanziert. Durchgeführt wird es vom Gesellschaftswissenschaftlichen Institut München (GIM).
Text von Gerhard Endres, KAB-Bildungswerk.
Nach einem Workshop „Extremismus im Alltag begegnen“ im Berufsschulzentrum an der Riesstraße stellte sich Christian Ude zuerst den Fragen von Delian Schnebel vom GIM und dann den Berufsschülern der Medienberufe im Berufsschulzentrum in der Riesstraße.
Ude erinnerte an die Hitlerzeit, in der die Juden an allen Schwierigkeiten „schuld“ gewesen seien. Zu den circa 6 Millionen Juden wurden auch 500.000 Sinti und Roma von den Nazis ermordet.
In den Sechzigerjahren unterzeichneten CDU-Kanzler Anwerbeabkommen u.a. mit Italien, Portugal, Spanien, Griechenland und der Türkei, da in der Bundesrepublik Arbeitskräftemangel herrschte.
2015, als Kanzlerin Merkel „Wir schaffen das“ sagte, war die Lage komplett anders: Es kamen Asylbewerber aus dem Nahen Osten und dem afrikanischen Raum, deren religiöse und kulturelle Unterschiede viel größer waren, als die der damals sogenannten „Gastarbeiter“. Für ist Ude ist klar, es gab damals eine objektive Überforderung. Hinzu kam, dass der deutsche Gesetzgeber den Asylbewerbern verbot, zu arbeiten.
Ude erinnerte an den Terroranschlag im Münchner Olympiaeinkaufszentrum (OEZ) am 22. Juli 2016, als ein Deutsch-Iraner neun junge Menschen ermordete: sieben Muslime, einer war Romer und einer ein Sinti. Jahre vorher hatte der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) neun Migranten und eine Polizistin ermordet. Der Rechtsterrorismus ist somit kein Einzelfall.
Für Ude ist klar, dass die Ausländerfeindlichkeit mittlerweile noch extremer auftritt und er bedankte sich bei der bayerischen Polizei für die gute Arbeit. Wichtig ist für ihn auch die persönliche Zivilcourage, z.B. bei rassistischen Witzen offen zu widersprechen. Auf die Frage nach dem Charakter der AfD sagte Ude: „Die AfD ist die unsozialste Partei“. Er lehne Gespräche mit der AfD ab, weil die Partei nicht dialogbereit sei. „Aber ich kämpfe um die Seele jedes AfD-Wählers.“
Gerhard Endres vom KAB-Bildungswerkvorstand war Gast bei der Veranstaltung und fragte anschließend Herrn Ude:
Endres: Als KAB Bildungswerk sind wir Träger des Innovativen Projekts „Extremismus im Alltag begegnen“, dass die GIM durchführt. Welche Erlebnisse machen Sie, wenn Sie in Berufsschulen gehen und mit Jugendlichen diskutieren?
Ude: Ich will keine Vorurteile beleben, aber es stimmt schon, dass die Lust am Diskutieren an Berufsschulen deutlich geringer ist als an Gymnasien. Das kann man ja auch so begründen, dass die Schüler sich stärker für die Sachthemen der Wirtschaft und Technik interessieren und nicht so sehr am politischen Meinungsstreit, aber der Unterschied ist spürbar. Gleichwohl habe ich schon eine große Sensibilität beim Umgang mit dem Thema „Extremismus“ und „Minderheiten“ festgestellt und ein waches Interesse, das die ganze Zeit eines Schulvormittags überstanden hat.
Endres: Könnte es sein, dass Berufsschüler durch die Zusammenarbeit im Betrieb auch früh lernen, dass es unterschiedliche Meinungen gibt und man trotzdem gut zusammenarbeiten kann?
Ude: Selbstverständlich: Sie haben viel mehr Erfahrungen, dass sie laufend mit Menschen anderer Nationen – bei Großunternehmen sind es gleich 80 und mehr Nationen - zusammenarbeiten und zusammenarbeiten müssen und das möglichst erfolgreich und gewinnbringend gestalten wollen. Daher könnte für sie dieses Thema der eigenen Lebensgeschichte viel näher sein als in Gymnasien. Meist wird im Studium da einige Semester weiter gestritten, ohne dass man daraus Konsequenzen ziehen muss.
Endres: Wäre es da nicht wichtig, dass die Gymnasien enger mit den Berufsschulen und Betrieben zusammenarbeiten?
Ude: Das Gymnasium ist auch eine Blase, wie immer, wenn man unter sich bleibt. Juristen unter sich, Mediziner unter sich, Lehrer unter sich, die Schüler unter sich – und seien sie noch so gut in ihrem Fach. Sie sind halt auch nur Einzelpersonen, wenn sie nicht mit anderen Bildungsschichten, Berufsgruppen, anderen Religionen und anderen Nationalitäten zusammenkommen und sich austauschen. Daher würde ich jede Kooperation zwischen den verschiedenen Schularten befürworten.
Endres: Dürfen wir Sie bei diesem Thema wieder auf Sie zu kommen, wenn es um ein gemeinsames Gespräch von Gymnasiasten und Berufsschülern geht?
Ude: Aber selbstverständlich, bei allen einschlägigen Bemühungen kommt die Arbeitswelt zu kurz.
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