Illustration: Melissa Çağatay, Luise Schindler/derappell.de
Der Bundestag hat am 03.06.2022 zugestimmt, das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr im Grundgesetz zu verankern. Dies hatten Gewerkschaften und Verbände im Vorfeld mit einer gemeinsamen Initiative zu verhindern versucht.
Über das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr soll bald im Bundestag abgestimmt werden. Das Sondervermögen soll im Grundgesetz verankert werden, damit es trotz Schuldenbremse auf Kredit finanziert werden kann. Genau dagegen wendet sich die Initiative „der Appell – keine Hochrüstung ins Grundgesetz“. Von einer Vielzahl an Prominenten, Wissenschaftlerinnen und Politikern gestartet, haben sich inzwischen Gewerkschaften, Sozialverbände, Kulturschaffende und christliche Verbände wie Pax Christi und die KAB der Initiative angeschlossen. Diese Organisationen aus München und Oberbayern haben die Bundestagsabgeordneten ihrer Region in einem offenen Brief aufgefordert, dem Vorhaben eine Absage zu erteilen.
Klicken Sie hier für mehr Infos und zur Unterschrift:
https://derappell.de
Bislang haben fast 50.000 Menschen unterschrieben.
Demokratie und Sozialstaat bewahren – Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!
27.04.2022
Sehr geehrte Abgeordnete,
in Kürze soll der Deutsche Bundestag über die Verankerung eines sogenannten „Sondervermögens Bundeswehr“ zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit in Höhe von 100 Milliarden Euro im Grundgesetz entscheiden. Wir beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge und bitten Sie, der Verankerung dieses Sonderbudgets im Grundgesetz entgegenzutreten.
Die Aufgabe des Grundgesetzes ist es, die demokratischen Grundrechte und den Sozialstaat zu sichern. Eine Regelung einzelner staatlicher Ausgabeposten im Grundgesetz würde die Verfassung entwerten. Die Finanzierung staatlicher Aufgaben gehört in den Haushalt, nicht in ein Sondervermögen. Sondervermögen vernebeln nur die Haushaltsklarheit.
Der Wehretat hat sich am Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und damit an der Gefährdungslage zu orientieren. Das geplante Sonderbudget mit Verfassungsrang (!) würde nur die Rüstungsspirale beschleunigen. Selbst im Fall der Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und eines Friedensschlusses dürften die 100 Mrd. Euro ja ausschließlich für Rüstung verwendet werden. Dies widerspricht dem Geist des Grundgesetztes:
Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, […] sind verfassungswidrig. (Art 26 GG)
Eine von der Entwicklung der Bedrohungslage unabhängige massive Aufrüstung ist offensichtlich geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu gefährden. So etwas darf keinesfalls als Staatsziel ins Grundgesetz!
Eine so tiefgreifende Entscheidung nun eilig durch den Bundestag zu bringen, verhindert eine fundierte Meinungsbildung in Bevölkerung und Parlament. Diese Eile ist auch nicht erforderlich, da das Budget gar nicht umgehend sinnvoll ausgegeben werden könnte.
Wir lehnen das Sondervermögen Bundeswehr aber nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen ab: Die Summe von 100 Mrd. Euro entspricht den Ausgaben mehrerer Bundesministerien. Damit nicht genug: Zukünftig sollen dauerhaft 2% des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgeben werden. Diese gewaltigen Summen sollten besser eingesetzt werden: für Soziales, Bildung, Gesundheit, zur Eindämmung des Klimawandels durch die Förderung erneuerbarer Energien - und damit langfristig auch zur Entschärfung der Konflikte um Ressourcen und zur Verminderung der Abhängigkeit von einzelnen Energielieferanten. Auch zivile sicherheitspolitische Maßnahmen und nicht militärische Konfliktlösungsstrategien müssen finanziell mehr unterstützt werden, um eine nachhaltige Friedenspolitik zu entwickeln.
Die Bundeswehr ist nicht unterfinanziert, der Wehretat Deutschlands ist der höchste der EU und bereits in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der Wehretat der NATO (alleine USA 778 Milliarden Dollar) ist um ein vielfaches höher als der Russlands (61,7 Milliarden Dollar). Wir glauben nicht, dass weitere 100 Mrd. Euro künftig Kriege verhindern werden.
Wir bitten Sie dringend:
Stimmen Sie der Verankerung eines „Sondervermögens“ zur Aufrüstung im Grundgesetz keinesfalls zu,
setzen Sie sich in Ihrer Fraktion für die Aufhebung des Fraktionszwanges ein, damit die Abgeordneten bei dieser Richtungsentscheidung ihrem Gewissen folgen können, verlangen Sie namentliche Abstimmung,
unterstützen Sie gemeinsam mit uns den Appell (derappell.de)
Nicht Hochrüstung, sondern Sicherheit und soziale Gerechtigkeit sind Auftrag des Grundgesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Pürzel, Vorsitzender ver.di München
Karin Majewski, Geschäftsführerin Paritätischer Wohlfahrtsverband Oberbayern
Johannes König, Musiker und Erstunterzeichner #DerAppell
Martin Pilgram, pax christi Diözesanverband München & Freising
Konstantin Wecker, Musiker und Erstunterzeichner #DerAppell
Dr. med. Christa Scholtissek, Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte
Katharina Horn, Umweltaktivistin
Wolfgang Stöger, Humanistische Union Bayern
Agnes Kottmann, Gewerkschaftssekretärin ver.di (Kultur und Selbständige)
Dr. Kerem Schamberger, medico international
Prof. Dr. Klaus Weber, Hochschule für angewandte Wissenschaften München
Lisa Poettinger, Klimaaktivistin
Karlheinz Brunner, Vorsitzender Kolpingwerk Diözesanverband München und Freising
Fanny Sommerfeld, stv. Vorsitzende Fachschaft Evangelische Theologie LMU München
Dr. med. Ingrid Pfanzelt, Vorsitzende der IPPNW – Regionalgruppe München
Adelheid Schulte-Bocholt, Gesundheitsladen München e.V.
RA Mathes Breuer, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein
Diakon Michael Wagner, Diözesanpräses Katholische Arbeitnehmerbewegung Diözesanverband München und Freising
Prof. Dr. Basilios Mylonas, Katholische Stiftungshochschule München
Siri Schultze, Geschäftsführerin GEW München
Dr. Stephan Dünnwald, Migrationsforscher
Unterzeichnende Organisationen:
Grüne Jugend München, vertreten durch Susanne Mesan und Magdalena Flury (Sprecherinnen)
Jusos München, vertreten durch Benedict Lang (Vorsitzender)
DIE LINKE. München, vertreten durch Marina Dietweger (Vorsitzende)
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